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Kuba-Blockade vor Gericht: Online-Händler wollen gegen eBay und PayPal klagen

Von Ralf Wurzbacher
Junge Welt

Die vom Internetbezahldienst PayPal nach Deutschland und Österreich importierte Kuba-Blockade beschäftigt demnächst die deutsche Justiz. Mehrere der hierzulande betroffenen Online-Händler, die kubanische Waren wie Rum und Zigarren im Sortiment führen, bereiten einen Musterprozeß gegen das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg vor. Als erstes berichtete dies am Mittwoch das Webportal amerika21.de. Ein beteiligter Shopbetreiber sowie der mit dem Fall betraute Rechtsanwalt bestätigten die Initiative gestern gegenüber junge Welt. Ende Juli war publik geworden, daß PayPal einer Reihe von Anbietern das Konto mit der Begründung gesperrt hatte, gegen das seit 1962 von den USA gegen den sozialistischen Karibikstaat bestehende Handelsembargo verstoßen zu haben.

Nach Angaben des Betreibers der Seite rumundco.de Thomas Altmann stehen bundesweit »zehn bis 20 Händler« hinter dem juristischen Vorstoß. Geplant ist, vor dem Landgericht München einen Musterprozeß anzustrengen. Dabei klagt nur ein einziger der Betroffenen, für die Unkosten kommen sämtliche Mitstreiter gemeinsam auf. Im Erfolgsfall können sich alle anderen auf den Urteilsspruch berufen. Für Altmann macht sich die Angelegenheit bereits »bei der Umsatzentwicklung und durch Mehrkosten für Werbung bemerkbar«. Wie er hat sich auch die DTS&W GmbH, die den Shop bardealer.de betreibt, nicht von PayPal nötigen lassen, kubanische Artikel aus dem Angebot zu streichen. Beide Shops haben den Bezahldienst kurzerhand aus dem Service genommen.

Andere Händler haben sich dagegen erpressen lassen. PayPal hat die Betroffenen aufgefordert, die »inkriminierten« Waren aus dem Angebot zu nehmen, andernfalls werde man ihre Konten sperren und ihre Guthaben einfrieren. Der Eingriff bedroht offenbar nicht wenige in ihrer Existenz; PayPal hat bei der Zahlungsabwicklung im Cyberspace eine marktbeherrschende Stellung inne. Das Unternehmen ist eine Tochterfirma des US-Giganten eBay. Wie jW Anfang August vermeldete, geht auch das Internet­aktionshaus rabiat gegen vermeintliche Verstöße gegen das Kuba-Embargo vor. Angebote betroffener Händler in der BRD und Österreich hat eBay entweder eigenmächtig gestrichen oder gleich den ganzen Shop gesperrt.

Rechtsanwalt Andreas Eberl aus Eichenau bei München hält die Vorgänge für »ziemlich eindeutig rechtswidrig«. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) bei Pay­Pal sei auf das englische Vertragsrecht verwiesen worden und »mit keinem Wort auf US-Recht«, erläuterte er am Donnerstag im jW-Gespräch. »Ich sehe nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß sich das Vorgehen irgendwie mit dem europäischen Recht des freien Warenverkehrs vereinbaren ließe.« Auch sei ihm noch nie ein Fall untergekommen, bei dem sich ein international agierendes Unternehmen in Deutschland auf ein ausländisches Embargo berufe. Deshalb sei die Position von eBay nicht haltbar. Tatsächlich hat die EU im Jahr 1996 sogar einen Erlaß (»Blocking Regulation«) verabschiedet, der eine Umsetzung der Kuba-Blockade in Europa ausdrücklich verbietet.

Eberl wird voraussichtlich »in den nächsten ein bis zwei Wochen« als Klagevertreter der renitenten Online-Händler beauftragt. Zunächst wolle er versuchen, eine einstweilige Verfügung gegen PayPal zu erwirken. Kommt es soweit, rechnet der Jurist mit einer Rücknahme der Kontensperrung binnen kurzer Zeit. Dann müsse sich auch zeigen, ob das Unternehmen denjenigen, die PayPal selbst deaktiviert haben, seinen Service wieder zur Verfügung stellt, oder ob das in einem weiteren Verfahren durchgesetzt werden muß. So oder so schätzt Eberl die Erfolgsaussichten vor Gericht als »ausgesprochen gut« ein.

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