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Systemische Krise, Pandemie und Resilienz: Zukunftsforschung oder Naivität?

Cartel crisisUnter denen, die sich heute der Zukunftsforschung widmen, d.h. unter jenen, die auf der Grundlage von Makrotrends und augenfällig wahrgenommenen Haupttendenzen versuchen, die Zukunft zu antizipieren, vorauszusehen und zu gestalten, gibt es bei der Betrachtung der Welt, in der wir leben, keine wesentlichen Unterschiede. Wir stimmen alle, oder fast alle darin überein, dass die Zukunft uns eine andere Welt beschert, die sich von der unterscheidet, wie wir sie bis heute gekannt haben und dass die, die uns erwartet, so von Unsicherheit und Ausweglosigkeit geprägt ist, dass wir keine Gewissheit darüber haben, ob sie besser oder schlechter sein wird, wie schwierig es auch für den größten Teil der Menschheit sein dürfte, sich etwas noch Schlimmeres als das vorzustellen, das sie durchlebt hat.

Natürlich stimmen wir nicht mit allem wie paradox es auch sein mag überein und die Übereinstimmungen hören auf, wenn es um die Bestimmung der Ursachen der aktuellen Krise geht und noch mehr, wenn es sich um deren Evolution handelt. Wie die notwendigen Eigenschaften dieser Gesetze (Tendenzen) wahrgenommen werden, (oder nicht) hängt von ihrer Interpretation ab (die sie gleichzeitig bedingt), von ihrer Konzeptualisierung und infolgedessen von der Fähigkeit, die Zukunft zu planen bis hin zu ihrer Möglichkeit sie zu gestalten.

Und wie sieht die Gegenwart und die Zukunft aus, die wir alle oder fast alle kurzfristig für eine Welt vorhersehen, die bereits vor der Pandemie von den Forderungen der Völker nach einer Änderung der etablierten „Ordnung“ erschüttert wurde?

Eine Welt:

• die durch das globale Versagen des egoistischen und räuberischen Kapitalismus ( der immer noch mit dem Neoliberalismus identifiziert wird) und einer Mehrheit der funktionalen Staaten dieses Kapitalismus ins Chaos gestürzt wurde und daher nicht in der Lage war, der Krise zu begegnen, die sich seit 2018-2019 ankündigte und einer Pandemie, mit der die Wissenschaft schon lange gerechnet hatte

• in der der durch die globale Erwärmung hervorgerufene Klimawandel unseren Lebensraum schnell verändert, ohne dass die dafür Verantwortlichen dies verhindern und Wege finden, ihn umzukehren

• in der es unmöglich ist, vorherzusagen, wie lange die aktuelle zyklische Krise andauert und welche Form der Erholung stattfinden wird

• in der die Krise des Angebots mit der der Nachfrage zusammenfällt, die ihre Ursache in demselben Stillstand hat und zu Arbeitslosigkeit führt

• in der, um Unruhen zu vermeiden (und Nachfrage zu erzeugen) die Nationalstaaten Geld in Umlauf bringen, wodurch die Staatsverschuldung erhöht wird, was die Lage der Finanzen verschlechtert und es unmöglich macht, die Staatsschulden von vielen Milliarden Dollar zu verwalten, von denen auch ohne dass sie weiter zunehmen, schon niemand mehr weiß, wie man sie jemals bezahlen kann

• in der noch nicht einmal Konsens über die Auswirkungen der besagten Geldspritzen auf den Geldumlauf besteht

• in der niemand berechnen kann, wie und wann ihre Schulden bezahlt werden, einschließlich die aus den Warenverbindlichkeiten und die durch die Krise angestiegenen, die der „armen“ „weniger entwickelten“ Länder, die sie in Währungen aufnehmen, die sie selbst nicht herausgeben

• in der weiterhin an irrationalen Militärausgaben festgehalten wird, während man gleichzeitig beabsichtigt, die Industrie zu verlagern, wieder zu industrialisieren, Souveränität im Bereich Pharmazeutika, Gesundheit, Nahrungsmittel zu erlangen … und Mauern zu errichten

• die die Globalisierung in Frage stellt, aber nicht den „Hyperkonsum“ ihres „reichen“ Teils und den Niedrigkonsum ihres „armen“ Teils

• in der das Ausmaß der Arbeitslosigkeit nicht genau berechnet werden kann, die die Krise weltweit bereits verursacht hat und weiterhin verursachen wird

• in der es auch nicht möglich ist zu berechnen, wie viele prekäre Beschäftigungsverhältnisse diese Krise schaffen wird und wie sich dies auf die Entwicklung des „Internets der Dinge“ und auf die Robotisierung auswirkt

• in der funktionsunfähige Institutionen wie IWF, Weltbank, WTO und auch Gruppen wie die G7 und die G20 weiterhin „in Funktion sind“

• in der es dank (oder trotz) der Krise an mangelnder Solidarität der Milliardäre mangelt ( das 1 %, das 0,1 % das 0,01 %…?) die ihr Vermögen weiter jeden Monat um Hunderte von Milliarden steigern

• in der „Hungersnöte“ unmittelbar bevorstehen

• in der der Umgang mit „Big Data“ und Geolokalisierung eine Bedrohung für die Freiheit des Einzelnen und für die Demokratie ganz allgemein darstellen

• die es zulässt, dass ein Land, selbst in Zeiten der Pandemie Maßnahmen des Völkermords gegen andere ergreift

• in der der Verlust der Führung der USA offensichtlich ist und sich gleichzeitig die Rolle Chinas bestätigt

• in der die Spannungen um die Führung und der Kampf um Einfluss zwischen den USA und China-Russland zunehmen

Und in der auch debattiert wird, ob:

• die Nationalstaaten weiterhin die Garanten für das Funktionieren des „freien Marktes“ sein und weiterhin den exzessiven Profit der Kapitalisten sicherstellen sollen …oder ob sie Garanten des Wohles, der Gesundheit und der Sicherheit aller ihrer Bürger sein werden

• sich der Rechtspopulismus durchsetzen wird, der vom Suprematismus und Gewinnstreben von Leuten wie Trump, Netanyahu, Bolsonaro, Orban und Salvini angeführt wird, die Hass und Misstrauen gegenüber der Wissenschaft, der Medizin, den Ärzten und sogar gegenüber der WHO fördern, sowie sie dies zuvor gegenüber der globalen Erwärmung und dem Klimawandel getan haben … oder ob es eine Welt mit mehr solidarischer Globalisierung geben wird, die sich bewusst ist, dass kein Land sicher sein wird, solange eines dies nicht ist.

• weiterhin übermäßige Globalisierung herrschen wird, bei der etwa 50 % der weltweiten Exporte einfache Transaktionen zur Vervollständigung globaler Transaktionsketten darstellen… oder ob eine rationale Globalisierung etabliert wird, die den Ländern und Regionen die Erzeugung wesentlicher Güter garantiert

• weiterhin Egoismus und Isolationismus bei einigen, den Mächtigsten vorherrschen wird …oder ob die Solidarität, der Multilateralismus und die Geltung von Organisationen wie einer zum Wohle aller reformierten UNO, die sich bewusst ist, dass die globalen Probleme ( die der Umwelt, der Gesundheit, des Terrorismus, der Sicherheit…)nur global von allen Ländern gelöst werden können

Das Beschriebene bezieht sich auf die Welt, in der wir uns befinden, dem, um dessen Auswirkungen auf Kuba zu vervollständigen, man noch die Blockade hinzufügen muss, die dem Land in den fast 60 Jahren Hunderte Milliarden Dollar an Verlusten und seinem Volk unermessliche materielle und seelische Schäden verursacht hat, die durch die Verschärfung während der unmoralischen und perversen Trump Administration noch verstärkt wurden.

An dieser Stelle ist ein kurzer Hinweis auf einer der „Lektionen“ angebracht, die die Pandemie zur Überraschung vieler hinterlassen hat: die Chefökonomin des IWF Gita Gopinathen schrieb in einer kürzlich veröffentlichten Prognose: „Die Wirtschaftslandschaft hat sich verändert (…)mit größerer Beteiligung von Regierungen und Zentralbanken an der Wirtschaft“. Andere Experten wie Julius Bär haben ebenfalls darauf hingewiesen: „Die Regierungen haben keine Alternative: sie müssen nicht nur massiv in die Märkte sondern in die gesamte Realwirtschaft eingreifen, um eine ähnliche Katastrophe wie die Weltwirtschaftskrise von 1930 zu vermeiden“.

Die Maßnahmen, die anfänglich als wenig orthodox bezeichnet wurden, haben die Erkenntnis von der Notwendigkeit staatlicher Eingriffe in die Wirtschaft verstärkt (die noch wirkungsvoller sind, wenn sie entsprechend einem Plan erfolgen) auch wenn das unsere Feinde und Gegner, wo immer sie sich befinden, gewaltig ärgert.

Was bisher skizziert wurde, zeigt wie legitim und notwendig die von unserer Regierung getroffenen Maßnahmen waren, die nicht nur darauf abzielen, uns an die sich verändernde Welt zu binden sondern vor allem unsere Stärken zu nutzen, zu denen neben dem Vorrang des Staates und der Planung über den Markt entgegen dem im weltweit unternehmerischen Umfeld vor der Pandemie herrschenden Dogma auch der Vorrang des sozialen Eigentums über dem privaten und unsere im Kampf gegen die Blockade entwickelte Widerstandsfähigkeit gehören.

Wichtig dabei ist folgendes: alles was möglich ist und so schnell es die Realität zulässt umzusetzen, was in den bereits verabschiedeten programmatischen Dokumenten des Wirtschafts- und Sozialmodells und des Plans zur Wirtschaftlichen und Sozialen Entwicklung bis 2030 festgelegt wurde: Steigerung unserer Exporte, hauptsächlich solcher mit einer hohen technologischen Komponente, einschließlich Dienstleistungen, Verringerung der Einfuhren indem man sie so weit das vernünftig möglich ist, ersetzt ( die Berechnung der Rationalität hängt von der Möglichkeit ab, die geplanten Währungs- und Wechselkursänderungen vorzunehmen), insbesondere sollen die Produktion von Nahrungsmitteln gesteigert und die Kosten für fossile Brennstoffe vermindert werden, die lokale Produktion soll besonders beim Wohnungsbau verstärkt werden und die knappen verfügbaren Ressourcen sollen dort eingesetzt werden, wo sie am schnellsten auszahlen.

Zum Schluss noch ein kurzer Hinweis auf die im Titel angekündigte Naivität. Als ich das Material studierte, das ich für diese und ähnliche Arbeiten benötigte und als die aktuelle Krise, die COVID-19 in der Welt ausgelöst hat, unmittelbar bevorstand, tauchten in den Netzwerken „Weise“ auf, die sich der Analyse der bevorstehenden Wirtschaftskrise widmeten… in Kuba. Zuerst hielt ich sie für naiv, weil sie nicht erkannten, dass es sich um eine globale Krise handelt, aber es dauerte nicht lange, bis ich die Idee der Naivität verwarf. Es war zu viel des Zufalls wenn die Koryphäe von weitem die bevorstehende Krise mit dem „Kontinuismus“ in unserem Land erklärte und dann noch ein Passbook mit dem Titel „sanfter Putsch“ auftaucht, der vom Imperium gegen Kuba angeführt wird. Diese Überlegungen richten sich also nicht an jene, ich richte sie an die, die „lieben und aufbauen“.

(Granma)

 

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