Eine Million Menschen bei einem Kulturfestival zur Solidarität mit den Studenten, Hunderttausende in einem zweitägigen Generalstreik, das Kulturministerium stundenlang besetzt – die seit Monaten anhaltenden Bildungsproteste in Chile zeigen keine Ermüdungserscheinungen, sondern haben in den vergangenen Tagen sogar noch an Kraft gewonnen. Daran konnte auch das brutale Vorgehen der chilenischen Polizei nichts ändern.
Die an die Repression während der Pinochet-Diktatur erinnernden Prügelorgien vor allem der paramilitärischen Carabineros sorgten vielmehr dafür, daß auch Protestformen, die einst im Kampf gegen die Militärjunta populär geworden waren, wieder auftauchten, zum Beispiel die »Caceroladas« oder »Cacerolazos«: Tausende Menschen trommeln auf ihre Kochtöpfe und sorgen so für ohrenbetäubenden Lärm.
Das heutige Hochschulsystem in Chile ist ein Erbe der Diktatur. Auf Befehl der Junta wurde 1981 das bis dahin kostenfreie Studium abgeschafft. Es folgte eine Welle von Privatisierungen, die auch nach dem Sturz Pinochets in den 90er Jahren fortgesetzt wurde. Überall wurden für die betuchten Kinder der Oberschicht private Universitäten eröffnet, während die Ausgaben für die öffentlichen Einrichtungen gekürzt wurden. Jetzt reicht es den Studenten. »Wir wollen kostenlose und hochwertige Bildung für alle Chilenen und ein Ende der Profitorientierung der Bildungseinrichtungen«, fordert Vallejo. Und findet für diese Forderung die Unterstützung von Gewerkschaften, Parteien und einer breiten Mehrheit in der Bevölkerung.Santiago Baez